Brötchenhunger und Wissensdurst

Zu meinen sonntäglichen Gepflogenheiten gehört ein ausgedehntes Frühstückmit NHL-Eishockey im Hintergrund und knusprigen Brötchen, die ich mir bei einem namhaften Bäcker in Attendorn schieße.

 

Bei eben jenem Bäcker wurde ich heute Opfer meiner Freundlichkeit. Noch vor dem Eintreten in die gute Backstube hielt ich einem Mann und seinem Sohn die Tür auf, woraufhin die beiden logischerweise vor mir ihre Bestellung aufgaben. Ein übler Fehler von mir, ein taktisches Foul. Denn der Mann muss Lehrer, mindestens aber Sozialpädagoge, gewesen sein. Denn er ließ nicht nur seinen Sohn, der gerade einmal seine Pampers abgelegt hatte, jedes Brötchen einzeln bestellen ("Das hast Du ganz toll gemacht, lieber Jonas"), sich auf der Suche nach Zustimmung aller Zuschauer immer wieder umschauend. Nein, zu jeder Backware erhielt Jonas auch noch eingehende ökologische und ökonomische Weisheiten aufs Brot...pardon....aufs Brötchen geschmiert. "Mehrkornbrötchen heißen Mehrkornbrötchen, weil da gaaaaanz tolle viele Körner drauf sind, die für den Jonas gaaaanz dolle gesund sind."

 

Mittlerweile standen bereits fünf hungrige Attendorner vor der schon etwas verzweifelten Backwarenfachverkäuferin. "Sonst noch was oder war es das jetzt?" Natürlich war es das noch nicht, denn der Papa vom Jonas ging auf jeden Fingerzeig seines Sohnes in gut geschulter anti-autoritärer Art und Weise ein. "Der Jonas möchte noch ein Laugenbrötchen? Natürlich bekommt der Jonas noch ein Laugenbrötchen." Und so wuchs nicht nur die Anzahl der Wartenden vor der Theke, sondern auch die Zahl der Brötchentüten auf eben jener Theke.

 

Da auf der Theke noch etwas Platz war, beschloss Jonas, genau jetzt Durst zu haben und trottete an der Hand seines Vaters in aller Seelenruhe zum Getränkekühlschrank. "Der Jonas hat Durst? Aber wir haben doch zu Hause viel zu Trinken. Na ja, aber wenn der Jonas Durst hat, dann bitte sehr..."

Mittlerweile bildete sich eine Schlange, die sehr an alte Aufnahmen aus dem Osten der Republik erinnerten, die einst den Namen DDR trug. Dann der Lichtblick. Jonas und Papa Jonas kamen mit nem eiskalten Vanillegetränk zurück zur Theke. Endlich, es ging weiter....denkste....."Möchte der Jonas noch einen Stutenkerl?" Ich wollte gerade zum Handy greifen und meiner Freundin versichern, dass es mir gut geht und ich noch immer beim Brötchenschießen bin, da erlöste uns Papa Jonas mit den Worten "Huch, ich habe das Portemonnaie vergessen."

 

So trottete er von dannen, den schreienden Jonas, der nun garantiert ein böser Walldorf-Schüler wird, an der einen Hand, den von der grinsenden Verkäuferin geschenkten Stutenkerl an der anderen. So schnell wie danach habe ich noch nie eine Bestellung aufgegeben. Wer weiß, wann Papa Jonas wieder aufgetaucht ist...

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Kommentare: 1
  • #1

    bettina kleine (Montag, 22 November 2010 18:22)

    super geschrieben,lach,äh,bei welchem bäcker war das,grins?